Mit Opened präsentiert Neue Berliner Räume das Folgeprojekt zu Emptying flags, einem mehrmonatigen Ausstellungsprojekt der Künstlerin Sonja Hornung, das im Jahr 2013 im öffentlichen Raum Berlins stattfand. Opened bündelt das umfassende Archiv des Projekts in Form einer fragmentarischen Präsentation.
Reguläre Flaggen treffen ideologische Aussagen. Sie transportieren historische und geografische Bedeutungen, sind Symbole für Herrschaftsgebiete und Macht und stiften Identität – sie inkludieren und exkludieren zugleich. Ihre wirkmächtige Symbolik ist Teil eines Ordnungssystems, das jeden Menschen und jeden Moment auf eine bedeutungsvolle Art beeinflusst.
Mit Hilfe eines selbstgenerierten Systems kreiert Sonja Hornung Flaggen, deren Aussehen nicht historisch gewachsen ist, sondern auf Zufälligkeit basiert. Flaggen ohne Bedeutung. Dabei nimmt sich die Künstlerin ebenso die Freiheit, einzelne Elemente zu verändern, zu ergänzen oder zu überspringen. Das Entleeren der Flaggen ist so ein Prozess, der sich in mehreren Schritten entfaltet und dabei auch an die Grenzen des Widersprüchlichen stößt. Denn während die ursprüngliche Vorstellung einer Flagge einerseits entleert wird, wird eine neue Flagge mit Form und Farben gefüllt. In dieser nicht zu versöhnenden, gegenseitigen Überlagerung entsteht ein Zwischenraum, in dem die Wirkweisen jenes oben erwähnten Ordnungssystems umso schärfer hervortreten und in ihren Umrissen fassbar werden. Mit ihren entleerten Flaggen hinterfragt die Künstlerin eben jene Mechanismen, in deren Zentrum wir die Flagge sowohl symbolisch als auch tatsächlich verorten können.
Grenzen – aber auch Grenzenlosigkeit – sind Tatsachen unserer Moderne. Traditionelle staatliche und anderweitige Grenzen stehen einer scheinbaren Grenzenlosigkeit gegenüber, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit und Komplexität zu alltäglichen Realitäten hin konkretisiert und materialisiert – in Form von Wissens- und Informationstransfers oder hochvernetzten, transnationalen Finanz- und Warenmärkten. Eine “Grenzenlosigkeit”, durch die wiederum für einzelne Menschen und gesamte Staaten neue Ausschlüsse entstehen. Sonja Hornungs Langzeitprojekt ragt in eben diesen ambivalenten Raum hinein.
Dabei bewegt sich das Projekt über die Grenze des Abstrakten hinweg: Im Zentrum von Emptying flags stand der öffentliche Raum der Stadt als konkreter Wirkraum des Projekts. Durch öffentliche Interventionen versuchte Sonja Hornung sich hier der Idee eines grenzenlosen politischen (im weitesten Sinne des Wortes) Raumes anzunähern. Dabei eignete sich die Künstlerin genutzte sowie ungenutzte Fahnenmasten an verschiedenen Orten der Stadt an.
Die Ausstellung Opened versucht einige Monate nach dem Ende von Emptying flags den Geschichten und Wirkmomenten dieser Interventionen nachzuspüren.